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8 Dinge, die Kohlenhydrate für dich tun

Kohlenhydrate wurden nach dem Anti-Fett Trend aus den 80er Jahren das neue Mobbingopfer der Medienlandschaft. Viele sprangen auf den low-carb und keto-Zug auf und hofften, dass sie dieser nun wirklich endlich zum Jungbrunnen bringt. Dieser Artikel ist eine ernährungswissenschaftliche Odé an all das, was Kohlenhydrate für dich tun.



1. Energielieferant

Dein Hirn kann Energie ausschließlich aus Kohlenhydraten beziehen. Oft wird hier gesagt, dass Kohlenhydrate nicht „essentiell“ sind – das ist ein Begriff aus der Ernährungswissenschaft, der beschreibt, ob der Körper auf die Zufuhr von außen angewiesen ist oder den Stoff selbst produzieren kann. Es stimmt, dass der Körper Kohlenhydrate selbst produzieren kann. Nicht essentiell ist aber kein Synonym für optimal. Die Umwandlung geht meistens auf Kosten der Muskelmasse (auch bei ausreichender Eiweißzufuhr und Bewegung). Der Körper tut das nicht aus Idealität, sondern weil das Hirn sonst absterben würde. Es ist die allerletzte Notlösung, die vor dem Tod bewahrt und nicht etwas, das man anstreben sollte.


2. Verdauung

Viele haben schon einmal irgendwo gehört, dass Ballaststoffe gut für uns sind. Hier noch einmal zusammengefasst:


  • Verlängerung der Kautätigkeit = langsameres Essen

  • Schnelleres Sättigungsgefühl durch Aufquellen im Magen

  • Länger anhaltendes Sättigungsgefühl durch vermehrten Verdauungsbedarf im Magen

  • Schnellere Transitzeit durch den Darm wegen erhöhtem Volumen = regelmäßigere Verdauung und Vorbeugung von Verstopfung

  • Bindung von Gallensäure

  • Natürlicher Cholesterinsenker

Eine Ernährung, die arm an Kohlenhydraten ist, ist meistens auch arm an Ballaststoffen.


3. Physiologischer Heißhunger

Viele Anhänger*innen des Fastens und der low-carb / keto-Ernährung denken, dass ihr Heißhunger auf Kohlenhydrate an einer Zuckersucht oder schwachen Willenskraft liegt. Wie vorher beschrieben gibt es Zellen in unserem Körper, die auf Kohlenhydrate angewiesen sind. Aus diesem Grund haben wir Hormone, die die regelmäßige Zufuhr sichern sollen: beispielsweise das Neuropeptid Y (NPY). Fasten wir länger oder verzichten wir auf Kohlenhydrate, steigt das NPY stark an. Es erzeugt großen Heißhunger auf Kohlenhydrate und triggert den Mengen-Kontrollverlust, um die Versorgung der Zellen zu sichern. Isst du regelmäßig und ausreichend Kohlenhydrate, wird der NPY-bedingte Heißhunger vermieden.


4. Psychologischer Heißhunger

Jede Regel untergräbt unterbewusst deine eigene Autonomie. Bei Kindern ist es leicht zu beobachten, dass Verbotenes besonders interessant ist. Aber auch Erwachsene sind von diesem Phänomen betroffen. Psychologischer Heißhunger entsteht, wenn deine innere, rebellische Teenagerin ihr comeback feiert. Dieses comeback versteht sich als Lebensmittel-Orgie, zur Demonstration deiner Autonomie, bei der du alles isst, was du dir verboten hast. Du kannst nicht bei angenehmer Sättigung aufhören zu essen, denn dein Unterbewusstsein weiß genau, dass das eine seltene Gelegenheit ist. Wenn du dir jederzeit alles erlaubst, wirst du sehr bald sehen, dass der Gewohnheitseffekt den Reiz und die Magie aller verbotenen Lebensmittel nimmt. Nur so schaffst du es, dass Schokolade denselben emotionalen Wert bekommt wie Brokkoli.


5. Glückshormonstoffwechsel

Es ist kein Zufall, dass wir uns bei Traurigkeit oder depressiver Verstimmung an Lebensmittel wenden, die sowohl Eiweiß-, als auch Kohlenhydratanteile haben: zum Beispiel Eiscreme, Schokolade und co. Die Produktion vom Glückhormon Serotonin ist auf beides angewiesen. Eiweiß liefert die Aminosäure Tryptophan, was der Baustoff für das Glückshormon Serotonin ist. Dieser Baustoff kann aber nur dann ins Hirn, wenn es den Transporter Insulin gibt. Insulin wird von der Bauspeicheldrüse produziert, wenn wir Kohlenhydrate essen. Keine Kohlenhydrate = kein Tryptophan-Transporter = gestörter Glückshormonstoffwechsel.


6. Mikrobiom und Darmgesundheit

Mikrobiom und Darmgesundheit sind zwei Themen, die derzeit großes öffentliches und wissenschaftliches Interesse genießen. Ein gesundes Mikrobiom dient beispielsweise als Teil des Immunsystems, denn es bildet im Dickdarm eine Barriere und verhindert dadurch, dass Krankheitserreger vom Körper aufgenommen werden. Was ein Mikrobiom gesund macht, ist einerseits eine hohe Quantität, und andererseits eine hohe Diversität gesunder Darmbakterien. Dieses kleine schützende Darmvolk kann sich ausschließlich von unterschiedlichen Ballaststoffquellen ernähren. Eine Ernährung, die vor allem aus Eiweiß und Fett besteht, lässt das Mikrobiom verarmen.



7. Schutz vor Weight-Cycling

Meistens haben wir kein Problem damit, schnell mal Gewicht zu reduzieren. Schwierig ist für viele, das Gewicht zu halten. Wenn du auf Lebensmittel verzichtest, die dich eigentlich glücklich machen oder die dein Körper zum Überleben braucht, kann das niemals nachhaltig sein. Weight-Cycling ist der Fachbegriff für andauernde Ab- und Zunahme durch Gewichtsmanagement-Versuche. Weight-Cycling ist ein vom Körpergewicht unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse, Entzündungen, hohen Blutdruck und Insulinresistenz (Bacon & Aphramor, 2011). Das Essen von Kohlenhydraten schützt dich vor dem low-carb / keto-Weight-Cycling.


8. Umwelt-, Klima- und Tierschutz

Hast du schon mal darüber nachgedacht, wie sich die Landwirtschaft ändern müsste, wenn sich alle Menschen low-carb oder ketogen ernähren würden? Wir bräuchten noch mehr Anbauflächen, um die Tiere durchfüttern zu können und es würde noch viel mehr Wasser verschwendet werden. Die Nachfrage nach tierischen Lebensmitteln lässt bereits jetzt Großteils keine würdevolle Haltung mehr zu. Und bevor du nach ketogener, veganen Ernährung suchst: tu‘s nicht. Eine derartige zusätzliche Einschränkung ist definitiv ein gestörtes Essverhalten und ein großes Risiko für die psychische und physische Gesundheit (Essstörung, Mangelernährung).

Anhänger*innen der low-carb oder keto-Ernährung würden zu dem Ballastoff-Punkt wahrscheinlich sagen, dass es sehr wohl low-carb / keto Ballaststoffquellen gibt: Avocado, Pekanüsse, Mandeln, Kokosnuss. Ich denke du merkst bereits, wie bedenklich diese Empfehlungen in Bezug auf unseren Klimaschutz sind. Das Essen von Kohlenhydraten ist in jedem Fall ein aktiver Beitrag für Umwelt-, Klima- und Tierschutz.


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