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AutorenbildIsabel Bersenkowitsch

Ohne Mampf kein Kampf

Was Ernährung mit Feminismus zu tun hat



„Abnehmen ohne Verzicht“, „Mit Fasten zum Wohlfühlgewicht“ und „Intuitiv Abnehmen“ sind Schlagwörter, die vor allem an Frauen gerichtet sind und erstmal durch breitgefächerte Normalisierung harmlos klingen. In diesem Artikel erfährst du, warum diese Aussagen die Gleichberechtigung von Frauen zurückhalten und was du dagegen tun kannst.


Das vielleicht wichtigste Machtmittel

Die Beurteilung des Aussehens von Frauen ist eines der wohl wichtigsten Machtmittel unserer patriarchalen Gesellschaft. Nichts von all dem was Frauen leisten wird gleichermaßen kommentiert und diskutiert, wie ihr Erscheinungsbild. Wenn du an dieser Stelle denkst, dass du dein Gewicht für dich in die gesellschaftlich akzeptierte Norm manipulieren willst, ist das durchaus nachvollziehbar. Natürlich fühlen wir uns wohler und schöner, wenn wir der cis-männlichen Definition von Schönheit eher entsprechen, schließlich wurden wir alle in dieser Perspektive sozialisiert. In Anbetracht unserer fettphobischen Gesellschaft, die Menschen in größeren Körpern strukturell diskriminiert und stigmatisiert, ist es nur logisch, von der einhergehenden Sicherheit des thin privilege zu träumen. Das Resultat betrifft uns alle: wer nicht dick ist, hat Angst davor, es zu werden.


Kalorienrestriktion = Potentialrestriktion

Hast du dich schon mal gefragt, wer von deinen Unsicherheiten profitiert?


Master Cleanse - Stanley Burroughs/Tom Woloshyne

Celery Juice Cleanse - Anthony Williams

5:2 Fasten - Michael Mosley

Keto - Russell Wilder

Low carb – Robert Atkins

Und die Liste geht weiter.



© werenotweighting


Dir fällt bestimmt auf, was all diese Menschen gemeinsam haben.


In der Ernährungspsychologie ist es ein unumstrittener Fakt, dass sich physiologische Mangelernährung mit einer Besessenheit vom Essen auswirkt. Wer permanent ans Essen denkt und sich durch einen nicht-Normkörper unsicher fühlt, wird sich eher (unterbewusst) unterwerfen, Ängste vor der Ausschöpfung des Potentials entwickeln und auch weniger Chancen bekommen, dieses auszuleben. Versteh mich nicht falsch, das unterstelle ich keinem Individuum. Vielmehr geht es hier um ein strukturelles Phänomen. Ein mangelernährtes Hirn, das zwangsläufig mit jeder dieser oben genannten Diäten einhergeht, kann sich definitiv nicht für Gleichberechtigung und Respekt einsetzen.


Niemand schafft es, den Atem über Willenskraft so lange anzuhalten, bis Tod durch Erstickung eintritt. Genauso wenig können wir uns selbst über diese gesundheitsschädigenden Diäten verhungern lassen.

Es liegt nicht an dir

Wenn wir auf der Straße jemanden fragen, wodurch ein Normkörper erreicht werden kann, antworten die meisten bestimmt: Ernährung, Bewegung, Willenskraft und Disziplin. Wenn du dir eines aus diesem Artikel mitnimmst, dann bitte: Biologie ist immer stärker als Willenskraft. Niemand schafft es, den Atem über Willenskraft so lange anzuhalten, bis Tod durch Erstickung eintritt. Genauso wenig können wir uns selbst über diese gesundheitsschädigenden Diäten verhungern lassen. In der selbstinduzierten Mangelernährung wird derselbe Überlebenstrieb wie beim Atmen in Gang gesetzt. Hormonelle Kaskaden, die du als Kontrollverlust und schwache Willenskraft interpretierst, sichern eigentlich nur dein Überleben. Zusätzlich wird Gewicht von unglaublich vielen Faktoren beeinflusst:



Du erkennst bestimmt, dass wir auf viele dieser Faktoren keinen Einfluss haben.

Und zum Punkt Diäten: es ist wissenschaftlich genauso gut belegt, dass Diäten zu einer weiteren Gewichtszunahme führen (= Überschreitung des Ausgangsgewichtes), wie dass Rauchen Lungenkrebs verursacht. Bewusst forciertes Abnehmen löst also keine Probleme, es feuert sie an.


... und wenn es um die Gesundheit geht

Einer der wohl größten statistischen Fehler unserer Zeit ist die gewichtsassoziierte Zuschreibung von Krankheiten. Ist dir schon einmal aufgefallen, dass Körpergewicht kein Verhalten ist?

  • Ernährung ist ein Verhalten.

  • Bewegung ist ein Verhalten.

  • Schlaf ist einVerhalten.

  • Stressmanagement ist ein Verhalten.

  • Emotionsbewältigung ist ein Verhalten.


Natürlich kann sich Verhalten auf Körpergewicht und Gesundheit auswirken. Aber seit wann macht es Sinn, Symptome zu bekämpfen, wenn wir uns gleichzeitig auch auf Ursachen fokussieren könnten? Es ist unglaublich wichtig, dass wir erkennen, keinen direkten Einfluss auf unser Körpergewicht zu haben.


Zusätzlich ist Körperdiversität Teil der menschlichen Existenz – es gibt enorm viele Menschen, deren Gesundheit durch die Vorurteile unserer Gesellschaft massiv leidet. Diskriminierung und Stigmatisierung schadet der Gesundheit mehr, als alles, was man je essen könnte (Provincial Health Services Authority, 2013). Gesundheit lässt sich außerdem durch gesundheitsförderndes Verhalten steigern und zwar unabhängig vom Körpergewicht. (Matheson et al., 2012)

Wenn Selbstzweifel die Norm ist, ist Selbstakzeptanz die Rebellion

Ja es macht Sinn, sein Leben gesundheitsfördernd auszurichten. Bewege dich so, dass du Freude daran hast. Mach Sport, weil du deinem Körper etwas Gutes tun möchtest und nicht, weil du ihn hasst. Ernähre dich bunt, ausreichend und abwechslungsreich und lerne wieder auf deine inneren Signale zu hören – du bist Expert*in für dich selbst und weißt somit am allerbesten, was du wirklich brauchst. Lasse deinen Körper damit sein natürliches Sollgewicht von selbst finden und werde so für andere zu dem Vorbild, das du selbst gebraucht hättest.



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